Narrenschiff

Berlin, Breitscheidplatz
1987

Länge 12 m, Höhe 8 m

Zur 750-Jahr-Feier Berlins veranstaltete der Senat mit Millionenaufwand einen Schiffskorso, unter anderem mit venezianischen Prachtgondeln, die vor den Großkopferten auf der Ehrentribüne die Ruder anheben mußten.

Mit einem 12 m langen „Narrenschiff“ wollte ich dazu meinen Beitrag leisten. Der Regierende Diepgen und der Kultursenator Hassemer lehnten dankend ab, was zu erwarten war. Also baute ich mit Freunden einen Tieflader in ein rollendes Schiff um, und wir schmuggelten es im dichten Berliner Feierabendverkehr mitten auf den Breitscheidplatz vor der Gedächtniskirche, damit es der Kultursenator auch gut sehen konnte. (Polizeioberkommissar Grohnau vom Abschnitt 31: „Wir wurden ganz geschickt ausgetrickst!“)

Schnell klappten wir die Schiffwände herunter, kurbelten den großen Teleskop-Panzerturm auf 8 m Höhe und flüchteten. Die Polizei suchte vergeblich mit einem Hubschrauber nach dem im Schiff verborgenen Tieflader, um es sofort abtransportieren zu können. Am nächsten Morgen konnten wir durch Verrat eines Berliner Künstlers aufgespürt und bei drakonischer Strafandrohung genötigt werden, „Anker zu lichten“. Die ganze Aufregung deshalb, weil ausgerechnet am nächsten Tag auf dem Breitscheidplatz eine Anti-Sekten-Kundgebung vom Berliner Bischof geplant war, und sich auf dem Narrenschiff zwei verschrumpelte Bischöfe und ein hermaphroditischer Kardinal befanden.
Die Folgen: 105 DM Strafe und ein Punkt in Flensburg wegen „Abstellen von Schiffen auf öffentlichem Straßenland“. Armselig aber gerecht, denn wo kommen wir hin, wenn das alle machen.

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